Am 22. Oktober 2020 erforschte die Klasse 8b der Schule Schwarzenbergstraße mit einer Rallye den Klimabaum-Hain der Baumschule Lorenz von Ehren (LvE). Dies war der zweite Teil der Projekttage „Trees for future - Stadtbäume in Zeiten des Klimawandels“, zu denen HARBURG21 und die TuTech Innovation GmbH eingeladen hatten. Im ersten Teil ging es u.a. um Bestimmung, Belastung und Pflege von Straßenbäumen (20. Oktober 2020). Im dritten und letzten Modul werden die Schüler*innen in naher Zukunft eine Baumspende von LvE auf ihrem Schulhof einpflanzen – vermutlich einen Fächerblattbaum (Ginkgo biloba). Die Veranstaltung wird aus dem Mitteln des Klimafonds „moinzukunft“ gefördert.
Es ist noch kühl, als wir morgens mit der 8b der Schule Schwarzenbergstraße und Jürgen Becker, Bildungsreferent der Tutech Innovation GmbH, in den Bus 143 steigen. Unser Ziel: das Gewerbegebiet Beckedorf. Dort befindet sich auf dem fast 600 ha großen Gelände der Baumschule Lorenz von Ehren der Klimabaum-Hain – ein wissenschaftlich begleitetes Versuchsfeld für klimatolerante beziehungsweise Trockenheit- und Frost-resistente Stadtbäume. Die mittlerweile 65 verschiedenen Baumarten stammen aus Europa, Asien und Nordamerika.
Thomas Dieckmann, LvEs Ausbildungsleiter, erwartet uns bereits am Klimabaum-Hain, der sich sonnenbeschienen und herbstbunt in sechs Baumreihen präsentiert. Es ist auch ziemlich zugig hier. Birgean, Aligean und Attila nehmen im Schutz der riesigen Info-Tafel auf dem grauen Holzblock mit der Aufschrift „Klimabank World“ Platz, Kimberly und Steven gesellen sich bald dazu. Die anderen Schüler*innen bilden mit der Klassenlehrerin Mira Boncio, den Begleitern Simon van den Berg und Marcel einen Halbkreis um die beiden Referenten Becker und Dieckmann.
„In Baumschulen wie die von Lorenz von Ehren werden Bäume „verschult“, das heißt umgepflanzt, quasi „versetzt“. Wie in der Schule, nur dauert so ein Baumschuljahr drei bis vier Jahre“, beginnt Dieckmann. „Die Bäume hier im Klimahain werden nicht mehr verschult, sie müssen viele Jahre beobachtet werden, ob und wie sie tatsächlich mit dem Klimawandel klarkommen. Sie wachsen hier ja auch teilweise an einem für sie untypischen Standort. Die drei letzten Hitze-Sommer haben sie soweit gut überstanden.“
Bevor die für heute geplante Baum-Rallye startet, klären die Schüler*innen mit dem Ausbildungsleiter noch einige Fragen ab wie etwa, wie viele Bäume in der Baumschule sind (es sind um die 500.000), ob es Praktikums- und Ausbildungsplätze gibt (ja, bei rechtzeitiger Anmeldung), wie lange die Lehre dauert (grundsätzlich 3 Jahre), was man da so alles lernt (Baumpflege und vor allem die lateinischen Namen der Gehölze) und was so ein Baum eigentlich kostet. Dazu kramt Mehmet einen Fünf-Euro-Schein aus seinem Portemonnaie und fragt, ob er dafür ein Apfelbäumchen kriegen könnte. „Das reicht leider nicht so ganz“, meint Dieckmann lächelnd. „Bäume kosten sehr viel mehr, manche sogar mehrere Hundert Euro.“
Um Viertel nach elf stehen keine unbeantworteten Fragen mehr im freien Raum. Dieckmann verabschiedet sich und überlässt Becker und der Schulklasse das Feld. Letzte Instruktionen, dann landen die Arbeitsunterlagen (Fragenkatalog, Klimahain-Übersicht und ein Stadtbäume-Flyer) auf dunkelblauen Klemm-Mappen. „Also los.“ Mit einer einladenden Armbewegung und dem Hinweis, dass sie sich in gut einer Stunde wieder auf den Heimweg machen müssen, schickt Becker die jungen Klimabaum-Forschenden auf die Suche nach den richtigen Bäumen mit diesen oder jenen Eigenschaften, Früchten oder Herkunftsländern. Es gilt, 17 Fragen zu beantworten, es winken maximal 40 Punkte.
Einzeln, zu zweit und zu dritt ziehen die Schüler*innen kreuz und quer durch die Klimabaum-Reihen. Sie studieren aufmerksam die Info-Tafeln, gelegentlich fällt auch ein Blick in den Stadtbäumeflyer. Der frische Wind wirbelt in ihren Haaren und zupft energisch an den Fragebögen. Aufschreiben und Umblättern wird zur Geschicklichkeitsprobe.
Allmählich wärmt die Sonne den Tag. Zwei beigefarbene Labradore tollen etwas entfernt am Klimabaum-Hain entlang, Frauchen und Herrchen bummeln hinterher. Das wissbegierige Hin- und Herlaufen zwischen den Klimabäumen fällt ihnen offenbar nicht auf. Silara schreitet zur Reihe der mittelgroßen Klimabäume und sucht nach der Zerr-Eiche (Quercus Cerris), während Kimberly schon mal weitergeht. „Jetzt fehlt uns noch ein Baum aus Mitteleuropa, der gut oder sehr gut fürs Klima geeignet ist - hier ist er, glaub ich“, meint sie und bleibt bei der Edel-Kastania (Castanea Sativa) am Anfang der ersten Klimabaumreihe stehen. Die Infotafel bestätigt ihre Vermutung.
Der Zeiger rückt auf halb eins zu. Jürgen Becker begutachtet die ersten ausgefüllten Fragebögen und ist mit den Ergebnissen zufrieden. Bevor es zurück zum Bus geht, lassen sich Aligean und Birgean erneut auf der Klimabank nieder, Attila beißt hungrig in sein Brötchen und Steven testet mit Kimberly die Haftungsfähigkeit von Kastanienigeln am Baumwoll-Sweatshirt aus - er hatte bei der Edel-Kastanie aufgelesen. Mehmet schreibt noch schnell seine letzte Antwort auf.
"Insgesamt haben alle gut mitgemacht", resümiert Becker. Die Klassenlehrerin ergänzt: "Ja, wir haben viel Neues gelernt." Wir von HARBURG21 können uns dem nur anschließen.
Fotos Gisela Baudy (Bilder lassen sich nach dem Anklicken vergrößern)
Text Chris Baudy
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