Vielleicht ist es etwas ungewöhnlich, eine Ausstellung zur Halbzeit zu eröffnen und zur "Midissage" einzuladen. Aber heute Abend, am 20.09.2024, scheint das niemanden zu stören.
Freyda prüft noch die Steckerverbindungen ihres musikalisches Equipments. Ida (Poetry-Slammerin), Hannah (Poetry-Slammerin) und Helene (Moderatorin des Abends) nehmen eine nach der anderen neben dem kleinen mobilen Lautsprecher vorne rechts Platz und vertiefen sich kurz in ihre Notizen. Alle vier vertreten heute die junge, erwachsene Generation: Sie sind kaum älter als 18.
Der große Zeiger hat die 6 überschritten und so langsam trudeln auch sie im Großen Rathauss-Saal ein: Über 40 junge und jung gebliebene Gäste jeglichen Alters schauen sich neugierig um, winken oder nicken ein kurzes „Hallo“ nach rechts oder links, greifen zu einem Glas fair gehandeltem Rotwein oder O-Saft und suchen sich, faire Snacks mümmelnd, einen Sitzplatz an den vielen Tischen aus.
Gespannt lauschen wir dem Grußwort des Hausherrn Hans Lied. Er habe sich zuvor die Ausstellung im Foyer angesehen und sei beeindruckt von der Informationsfülle. „Besonders überrascht hat mich, dass schätzungsweise weltweit bis zu 100 Millionen Menschen im Kaffeeanbau arbeiten. Das ist mehr, als Deutschland Einwohner hat.“ Das hätte ich tatsächlich auch nicht vermutet.
Marco Liuzza, Geschäftsführer vom Weltladen Harburg, trägt ein fair gehandeltes T-Shirt aus Bio-Baumwolle mit Fahrradmotiv. „Anders als konventionell angebaute Baumwolle kommt die Bio-Variante mit bis zu 70% weniger Wasser aus. Zudem stammen die verschiedenen Motive auf den einzelnen Shirts von Kindern aus den Anbauländern.“ Natürlich finden sich diese und andere biofaire Kleidungsstücke auch im Sortiment des Weltladens Harburg. Das sollte sich jede:r selbst mal anschauen und anprobieren.
Hans-Martin Kühnel vom selbst verwalteten Kaffeekollektiv Aroma Zapatista aus Hamburg-Wilhelmsburg hat dauerhafte und faire Handelsbeziehungen mit Kaffeebäuerinnen und -bauern aus Mexiko und Kolumbien. Er lässt uns wissen, dass normalerweise erschreckend wenig von dem Endpreis im Supermarkt bei den kleinbäuerlichen Betrieben ankommt: „Der weitaus größte Anteil bleibt in Deutschland. Der Rest kann in den Anbauländern rund um den Äquator keine existenzsichernden Löhne generieren.“ Und genau das wollen das Kaffeekollektiv und alle anderen Formen des Fairen Handels durch höhere Zahlungen und langfristige Verträge ändern. So sorgen sie neben Arbeits-, Umwelt- und Klimaschutz auch für Klimagerechtigkeit. „Denn“, klärt uns Kühnel auf, „durch die global ansteigenden Temperaturen müssen beispielsweise die Kaffee-Anbauflächen immer weiter in die Berge verlegt werden. Dies führt zu kleineren Flächen, ergo auch zu weniger Ernte und Einkommen.“ Es dämmert langsam bei mir: Deswegen heißt der Faire Woche-Slogan: „Fair. Und kein Grad mehr!“ Bingo.
Ganz im Zeichen der Fairen Woche, deren Fokus in diesem Jahr auf Klimagerechtigkeit speziell aus junger Perspektive liegt, kündigt Helene jetzt den künstlerischen Teil zum Thema an, den die junge Akteurinnen gemeinsam gestalten: „Freyda wird uns mit neuen, eigenen Songs erfreuen. Im Wechsel mit ihr tragen Ida und Hannah ihre poetischen Werke vor und lassen uns an ihren Gefühlen, Gedanken und Klima-Visionen teilhaben. Ich bin selbst gespannt, was wir jetzt Schönes zu hören bekommen.“
Das sind wir alle natürlich und werden auch nicht enttäuscht. Freydas E-Gitarrenklänge und Gesang sind eingängig und berühren ebenso wie die nachdenklich-poetischen Texte von Ida und Hannah.
Applaus – Applaus – Applaus!
Als kleine Anerkennung überreicht Lukas Tödte von der Fairtrade Stadt Hamburg den vier jungen Talenten einen Weltladen-Gutschein. Nochmals kräftiger Applaus.
Es ist halb acht vorbei. Noch ein Schlückchen Wein und ein paar letzte Cracker-Krümel und dann geht es hinaus in den langsam eindunkelnden Abend.
Fotos: Gisela Baudy
Text: Chris Baudy
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> Auftakt Faire Woche / Ausstellung in Harburg
> Kalender Faire Woche
Anmerkung: Die Fotos lassen sich durch Anklicken vergrößern.