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21.10.2024

Alte und neue Bäume für die Zukunft - auf die gemütliche Tour

Im September führte HARBURG21 fünf gemütliche, seniorengerechte Baumtouren durch und erkundete mit den Teilnehmenden den beeindruckenden Baumbestand auf dem Harburger Rathausplatz und der angrenzenden Museumsachse sowie das Zukunftspotenzial dieser Bäume in der Stadt. Das Projekt wurde aus den Verfügungsfonds-Mitteln des Seniorennetzwerkes Harburg gefördert und von dem Träger KAMI e.V. begleitet.

 

Silber-Ahorn am Springbrunnen des Harburger Rathausplatzes (Foto Gisela Baudy)Vor der Kaukasischen Flügelnuss (1. Rundgang, Foto Gisela Baudy)

Harburgs Baumschätze, also ausladende, nordamerikanische Silber-Ahorne, uralte italienische Pappeln oder heimische Buchen und Esskastanien in aller Ruhe (wieder-) entdecken, kann man am besten alleine, dachte ich. Besonders, wenn man nicht (mehr) so fix auf den Beinen ist. Stimmt so aber gar nicht. Es geht auch in der Gruppe mit anderen Menschen, wenn es bewusst gemütlich zur Sache geht und bei Bedarf auch mal eine Sitzpause eingelegt werden kann. 

So geschehen auf den fünf Rundgängen im September. Der Herbst hatte einen ersten Hauch an Farbtupfern gesetzt. Sonnige Abschnitte wechselten sich mit Wolkengrau und gelegentlichem Nieselregen ab. Mitgebrachte Regenschirme hatten allerdings dienstfrei und blieben im Rucksack. Dorthin verschwanden auch die gleich zu Anfang verteilten Baumbücher zu diesem Rundgang. Lieber zuhören wollten wir, nachfragen, eigene Erfahrungen beisteuern. Nachlesen konnten wir später ja immer noch.   
 

Treffpunkt Harburger Rathaus, 1. Seniorenrundgang am 09.09.2024 (Foto Chris Baudy)Teilnehmerin beim 2. Seniorenrundgang am 11.09.24 (Foto Chris Baudy)


Wir trafen uns auf dem Rathausplatz um 10 Uhr. Auf dem Programm stand die gemächliche Erkundung des “Ersten Harburger Zukunftsbaumpfades”, der auf dem Harburger Rathausplatz und dem angrenzendem Max-Schmeling-Park verlauft bzw. umgekehrt, wenn es der (Pfad-) Reihe nach gehen soll.  Die langsamen Touren hatten sich offenbar nicht weit herumgesprochen und so gingen wir in kleinen Gruppen auf Baumsafari, was den Austausch untereinander umso intensiver gestaltete. Hatte so etwas von Privatunterricht, nur dass dieser hier kostenlos und an der frischen Luft war. Apropos Unterricht: Einmal gesellte sich rein zufällig eine Gruppe von Neubürger:innen zu uns. Sie hatten ihre ehrenamtliche Deutschlehrerin und ihr Baumbuch-Exemplar mitgebracht und sammelten neben Blättern und Früchten auch fleißig Sprachbeispiele zum deutschen Genitiv: Blätter der Bäume, Standort des Baums, Äste der Pappel, Kastanie (Frucht) der Kastanie (Baumart). Na, Sie wissen schon. 
 

Vor einer Italienischen Pappel im Max-Schmeling-Park. Rundgang mit Neubürger:innen (Foto Gisela Baudy)Vor einem Trompetenbaum im Max-Schmeling-Park (Foto Gisela Baudy)


“Wo ist eigentlich dieser Max-Schmeling-Park?” Diese Frage kam öfter, entweder gleich zu Anfang oder wenn wir mittendrin in diesem Park standen. Unser Safari-Guide Dr. Chris Baudy klärte uns schmunzelnd auf: "Den kennen Sie alle!" Mit einer entsprechenden Handbewegung umriss er das Areal, dass auf der sogenannten “Museums-Achse” liegt, die wiederum den meisten, insbesondere älteren Leuten geläufig ist. Es ist der schön gestaltete Parkbereich, der die Knoopstraße mit dem Harburger Rathausplatz verbindet. “Diese kleine Parkanlage hat ihren neuen Namen aber erst seit im September 2011 erhalten - nach der Schwergewichts-Boxlegende Max Schmeling (1905-2005). Passend zu den beiden “Faustkämpfern”, einer Statue von Eberhard Encke aus dem Jahr 1913." Und wie wir sehen konnten: Einige der majestätischen Bäume in diesem Minipark sind kurz vor und kurz nach 1900 gepflanzt worden, wie etwa die Italienische Säulenpappel (1888) oder die Esskastanie von 1903. Beide gehören übrigens zu den klimaresistenten Arten - aus heutiger wissenschaftlicher Sicht.

Vor drei Holländischen Linden im Max-Schmeling-Park (Foto Gisela Baudy)Gruppe vor Rot-Ahorn (Foto Gisela Baudy)

Nach einer kleinen Pause geht's weiter im Text beziehungsweise Richtung Rathausplatz: Wir staunen über die drei Linden in der Nähe der Statue. Linden sind die bislang am meisten gepflanzten Bäume in Hamburg. Sie gelten als sehr anpassungsfähig. Wir fragen uns, ob wir Winter- oder Sommer-Linden vor uns haben. "Beides in einem," klärt uns der Tourenleiter auf. “Die Blätter sind an der Unterseite haarig wie bei Sommerlinden und an der Oberseite dunkelgrün wie die Blätter der Winterlinde, allerdings größer. Also ein Hybrid mit Namen ‘Holländische Linde. Er wächst auch auf trockenem Boden, anders als die ‘Elternarten’. Ach ja, und dieses Gehölz gehöre auch zu den sogenannten (stadt-) klimaresistenten Bäumen, die zu den empfohlenen Bäumen der Zukunft zählen. Es seien robuste Arten, die sich hauptsächlich auch an zunehmende Hitze, Trockenheit, und Frost anpassen könnten, so Baudy. 

"Aber wie ist es denn mit den Rot-Buchen und dem Silber-Ahorn und dem Berg-Ahorn hier auf dem Platz? Gehören die nicht dazu?" Eine berechtigte Frage, die mit ‘Jein’ beantwortet wird. “Sie stehen nicht auf den Empfehlungslisten für Städteplaner:innen. Dennoch haben sie gute Chancen mit den erwartbaren Klimabedingungen klarzukommen. Ihr Alter liegt teilweise bei 100 und mehr Jahren, und sie haben gelernt, sich immer wieder anzupassen." Wir brauchen ja auch alte Bäume, sie leisten viel mehr als frisch nachgepflanzte Bäume: mehr Sauerstoff, mehr CO2-Bindung, mehr Schatten, mehr Abkühlung durch Feuchtigkeitsabgabe. Deshalb will Hamburg auch den Bestand an alten Bäumen möglichst erhalten. Das leuchtet ein. Aber die Strategie geht nicht immer auf und dann müssen robuste Arten her wie Platanen oder Robinien, die wir auch auf dem Harburger Rathausplatz bewundern konnten.  

Sumpfeichen-Blätter (Foto Gisela Baudy)Blätter des Rot-Ahorns (Gisela Baudy)

Nach gut 90 Minuten Intensivunterricht in Sachen" Stadt- und Parkbäume und ihre Zukunftsaussichten im Klimawandel" stehen wir vor einer Reihe klimaresistenter, nordamerikanischer Sumpf-Eichen und erahnen teils ihre herbstliche Rotfärbung anhand einiger Blätter vor unseren Füßen. “Sumpf-Eichen können, anders als ihr Name sagt, auch auf mäßig trockenem Boden gedeihen”, sagt Baudy. Wie man sieht.  Nach einer letzten Aufgabe für uns mit verschiedenen getrockneten Blättern, mit denen wir den Rundgang Revue passieren lassen, entlässt uns Baudy rechtzeitig zur Mittagessenszeit. Wir gehen informationsgesättigt auseinander. Allen hat die gemächliche Gangart sehr zugesagt, denn eine Teilnehmerin etwa hatte Fußprobleme, ein anderer Teilnehmer mit der Hüfte zu tun. Eine dritte Teilnehmerin mit eingeschränkter Sehkraft freute sich besonders über den haptischen Teil der Tour: Früchte und Blätter sammeln und zum Beispiel unterschiedliche Eichenblätter ‘begreifen’. Zwei Teilnehmer:innen wollten möglichst bald einen Vertiefungsgang mit dem Zukunftsbaum-Büchlein von HARBURG21 machen und wünschten sich, wie alle anderen auch, weitere Angebote dieser Art. 

Lässt sich bestimmt einrichten … In der Zwischenzeit lassen sich gerade jetzt die verschiedenen Farbtöne in den Wipfeln der Harburger Innenstadt-Bäume - nicht nur auf dem Rathausplatz - bewundern.

Fotos: Gisela Baudy (1-2, 5-10)
Chris Baudy: Text und Fotos (3-4)
nun-Signet der Umweltbehörde Hamburg

> Streckenverlauf “Erster Harburger Zukunftsbaumpfad”
> Zukunftsbaum-Buch 2024 (Autor: Dr. Chris Baudy, Verlag Förderverein HARBURG21 e.V., 52 Seiten, 2024)
> Eröffnung des 1. Harburger Zukunftspfades
> Zukunftsbaum-ABC 

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